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Hinter Mauern und Stacheldraht

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Am Freitag durfte ich bei der Verabschiedung des Gefängnisseelsorgers in der JVA Rottenburg dabei sein. Ich war vorher noch nie im Gefängnis. Zumindest nicht in so einem. Und doch kamen in mir Gefühle auf, mit denen ich überhaupt nicht gerechnet habe. Ich ging vom Bahnhof hinauf zur JVA mit der noblen Adresse Schloss 1. Sie ragt oben über der Stadt Rottenburg. Hohe Mauern mit Kameras und einem Stacheldraht. Daneben Wohnhäuser und heile Welt.  Am Eingang wurde mein Personalausweis nochmal gecheckt, weil ich nicht rechtzeitig angemeldet war. Scheinbar gibt es keine Einträge zu meinem Namen, die meine Teilnahme verhindert hätten. Der Ausweis blieb an der Pforte, im Schrank wurde mein Handy eingeschlossen. Durch hohe eiserne Tore wurden wir von einem uniformierten Vollzugsbeamten in die Welt "Hinter den Mauern" geführt. Und ich bekam innerlich Beklemmungen und leichte Panik. Wie es sich einfühlt, eingeschlossen zu sein, kenne ich aus meiner Jugend in der Tschechoslowakei. Scheinb

Green Border

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Noch nie habe ich mich öffentlich zu einem Film geäußert. Ich bin keine Cineastin, Filme schaue ich nur zum eigenen Vergnügen an und Diskussionen dazu führe ich höchsten mit meinem Partner oder mit derjenigen, mit der ich im Kino war. Manchmal lese ich im Nachhinein, was andere zu sagen haben, manchmal lohnt sich kein Gespräch. Und so vergesse ich meistens, was ich da gesehen habe.  Doch gestern war alles anders. Den Film der polnischen Regisseurin Agnieszka Holland werde ich in meinem ganzen Leben nie mehr  vergessen. "Green Border" handelt von der Situation an der Belarussisch-Polnischen Grenze seit 2021. Der belarussischer Präsident Lukaschenko in Kooperation mit dem russischen Präsident Putin beförderten die Migration via Belarus, um die EU unter Druck zu setzen. Im Film werden sie von den polnischen Grenzsoldaten nicht als Menschen, sondern als "lebende Projektile" gesehen.  Aus drei, bzw. vier Perspektiven schaut Agnieszka Holland auf die Situation an der Gren

Die Woche, in der meine Haare grau wurden

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Erst mit einem Abstand von vier Monaten kann ich diese Zeilen posten. Zu sehr hat mich die Situation belastet, zu sehr waren die Ereignisse über die Tage und Wochen präsent. Und zu sehr war unsere persönliche Geschichte verknüpft mit der allgemeinen politischen Lage.  Inzwischen ist Lia in einer neuen Einsatzstelle - in Sizilien. Das Geschehene bleibt dennoch ein Teil ihrer und unserer Geschichte.  "Mama, hier ist Bombenalarm aber mir geht es gut". Diese Nachricht meiner Tochter bekam ich am 7. Oktober 2023 um 7:19 Uhr. Lia ist seit 22. August als Freiwillige in Israel. An besagtem Wochenende war sie in Jerusalem, wo sie ein Zwischenseminar mit anderen Freiwilligen hatte. Sie besuchte anschließend für ein paar Tage ihre Freundin Sophie, mit der sie vier Jahre im Internat war.  "Schon wieder. Müssen in Bunker", unterbrach sie unseren Chat, in dem ich wissen wollte, wie es ihr geht und nebenher wie eine Verrückte nach Informationen im Netz suchte. Ich zitterte am ganz