Green Border

Noch nie habe ich mich öffentlich zu einem Film geäußert. Ich bin keine Cineastin, Filme schaue ich nur zum eigenen Vergnügen an und Diskussionen dazu führe ich höchsten mit meinem Partner oder mit derjenigen, mit der ich im Kino war. Manchmal lese ich im Nachhinein, was andere zu sagen haben, manchmal lohnt sich kein Gespräch. Und so vergesse ich meistens, was ich da gesehen habe. 

Doch gestern war alles anders. Den Film der polnischen Regisseurin Agnieszka Holland werde ich in meinem ganzen Leben nie mehr  vergessen. "Green Border" handelt von der Situation an der Belarussisch-Polnischen Grenze seit 2021. Der belarussischer Präsident Lukaschenko in Kooperation mit dem russischen Präsident Putin beförderten die Migration via Belarus, um die EU unter Druck zu setzen. Im Film werden sie von den polnischen Grenzsoldaten nicht als Menschen, sondern als "lebende Projektile" gesehen. 

Aus drei, bzw. vier Perspektiven schaut Agnieszka Holland auf die Situation an der Grenze:

Die Perspektive der Geflüchteten. Hier werden aus einer Zahl konkrete Geschichten. Menschliche Schicksale, ihre Hoffnungen und der Tod werden auf eine verstörende Art und Weise gezeigt.
Die Perspektive der Grenzsoldat*innen auf beiden Seiten. Die Propaganda, Alkohol und die Entmenschlichung von Geflüchteten. Auch Beispiele von Zweifel, innerem Konflikt und aufkommendem Gewissen werden eindrücklich gezeigt.
Die Perspektive der Aktivist*innen, die versuchen den Menschen zu helfen und in einem demokratischen Staat, wie Polen, an die Grenzen der Demokratie stoßen. Sie erfahren rechtsfreien Raum, Gewalt, Willkür und Unmenschlichkeit.
Die Perspektive der Geflüchteten nach dem Ausbruch des Ukrainekriegs verdeutlicht die Zwei-Klassen-Flüchtlinge. 2.000.000 Ukrainische Geflüchtete hat Polen aufgenommen, während 30.000 Geflüchtete an der EU-Grenze ihr Leben verloren haben. 

155 aufwühlende Minuten in schwarz-weiß. Mit einem Vorwort der Regisseurin, die sich in einem Kurzfilm an das Publikum wendet mit einem Dank, dass sie sich diesen Film anschauen. Mit einem Abspann über mehrere Minuten und einem unter die Haut gehenden Cellosolo des tschechischen Cellisten Petr Malísek. Niemand ist frühzeitig aufgestanden. Alle blieben, bis die Leinwand dunkel wurde. 

Green Border - ein modernes Gleichnis vom barmherzigen Samariter, das in jedem Ethik- Religions- Politik-, GK-Unterricht gezeigt werden sollte. 

Weitere Quellen: 

"Green Border" im Kino: Aufwühlendes Flüchtlingsdrama | NDR.de - Kultur - Film

"Green Border": "Ich bin froh, dass ich mich nicht gebeugt habe" | ZEIT ONLINE

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