Nach Corona um halb sechs

„Nach dem Krieg um halb sechs“ – so verabredet sich der brave Soldat Schwejk (Švejk) im gleichnamigen  Buch des tschechischen Schriftstellers Jaroslav Hašek mit seinen Freunden. Wann der Krieg vorbei sein wird, ist für Schwejk noch nicht absehbar. Doch aus diesem Satz ist Zuversicht zu spüren – auch dieser Albtraum wird eines Tages vorbei und eine Verabredung auf ein Bier im Gasthaus Kelch in Prag wieder möglich sein.

»Was ist das, wonach ihr euch am meisten sehnt? Was wollt ihr als erstes tun, wenn alles wieder  möglich ist?« Das habe ich verschiedene Menschen in den sozialen Medien, aber auch persönlich gefragt. Die Antworten waren so vielfältig, wie die Menschen selbst: 

Essen gehen, Musik machen, ins Theater gehen, im Biergarten sitzen und reisen, ein großes Fest mit vielen Freunden feiern, meine Patenkinder in Afrika besuchen. »Ens Kino hocka, Schwemma ganga, Häarla schneida lassa, ... ond wenn älle sicher send, täglich dr Sarah a Kussele geba!« Und: »Ich freue mich, wenn ich endlich wieder arbeiten darf«.

Wir Menschen leben auf Hoffnung hin. Nicht nur in der Coronazeit. Die Vorfreude sei die kleine  Schwester der Hoffnung, so sagt man. Das bedeutet, dass die mühsamen Momente des Lebens nicht alles
bestimmen. Vorfreude macht Hoffnung auf bessere Zeiten, sie gibt Kraft durchzuhalten. Oder ob alles nur eine Einbildung ist? Nein! Es ist wissenschaftlich nachgewiesen. Der Gefühlszustand Hoffnung wird in unserem Gehirn durch den Botenstoff Dopamin gesteuert. Das Gehirn zwingt uns dann, weiter in diese Richtung zu gehen, dran zu bleiben. Eigentlich kennen wir es auch aus der Erfahrung: „Nach dem Regen
kommt der Sonnenschein.“ Und auch der Glaube lehrt Christinnen und Christen durchzuhalten, zu hoffen und solange füreinander da zu sein. Der Apostel Paulus schreibt in der Bibel: „Am Ende bleiben Glaube, Hoffnung und Liebe“. (1. Kor 13,13) 

In diesem Sinne: Nach Corona um halb sechs – wo auch immer!

Für den Gemeindebrief der Gesamtkirchengemeinde Tübingen "Kirche in der Stadt"

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