Von der Kraft des Gebets

 

Meine Eltern haben für mich gebetet. Immer. Nicht nur, weil sie so fromm waren, sondern weil sie an die Kraft des Gebets glaubten. Und manchmal, wenn sie hilflos waren, blieb ihnen nichts anderes übrig, als zu beten. Das sagte mein Papa immer wieder. Ich glaube, dass mich ihre Gebete durch verschiedene schwere Zeiten und komplizierte Stationen meines Lebens durchgetragen haben. Das wusste ich damals noch nicht, aber heute bin ich immer mehr davon überzeugt.

Es gab bei uns in der Familie kein Abschied ohne ein Gebet. Morgens vor der Schule, im Auto vor dem Losfahren, am Ende eines Besuchs. Es hat oft genervt, gleichzeitig tat es gut. Im Laufe der Jahre wurde es zu einem festen Ritual, so dass ich einmal, als mein Vater schon sehr gebrechlich und bei meinem Besuch weggenickt war, ohne ein Gebet gefahren bin. Von der nächsten Raststätte rief ich ihn an und bat ihn, mit mir zu beten. Das tat er und das konnte er einwandfrei bis zu seinem Tod.

Die Kraft der Fürbitte und des Gebets und die Wirkung auf die Betenden und die Empfangenden. Davon handelte die Tageslosung vom 25.7. aus dem Propheten Amos. „Er spricht: Ach, HERR, sei gnädig! Wie soll Jakob bestehen? Er ist ja so klein. Da reute es den HERRN. Der HERR sprach: Es soll nicht geschehen!“ Und das passende Wort (Lehrtext) aus dem Neuen Testament war aus dem Brief des Apostel Paulus an Timotheus: „Ich bitte euch nun, vor Gott einzutreten für alle Menschen in Bitte, Gebet, Fürbitte und Danksagung.“

Dazu sagt Dietrich Bonhoeffer: „Für mich ist es oft eine große Hilfe gewesen, an alle die zu denken, deren Fürbitte ich gewiss bin, von den Kindern bis zu den Erwachsenen. Ich glaube, dass ich viel Bewahrung in meinem Lebend er Fürbitte Bekannter und Unbekannter zu danken habe.“

Diesen Text könnte ich so unterschreiben. Nicht nur im Bezug auf meine persönliche Jugend und die Gebete meiner Eltern. Als Christin, aufgewachsen hinter dem Eisernen Vorhang, war es für uns lebens- und überlebenswichtig zu wissen, hinter der Mauer gibt es Menschen, die an uns denken, die für uns beten. Dieses „Nicht vergessen worden zu sein“, macht selbst in einer schwierigen und ausweglosen Situation Hoffnung und Lebensmut.

Ich werde am 9. August operiert. Und ich habe Angst. Zunächst habe ich nur wenigen Menschen davon erzählt. Nur denjenigen, die es unmittelbar betrifft. Beruflich und privat. Ich wollte kein Mitleid, keine Aufmerksamkeit, vielleicht wollte ich gar nicht darüber reden und habe die Angst verdrängt. Aber die Reaktionen der Menschen haben mich sehr zum Nachdenken gebracht. Meine Schwester sagte sofort: „Wir haben hier eine WhatsApp Gebetsgruppe. Ich schreibe dein Anliegen rein.“ Die Kolleg:innen, die wegen mir ihre Sommerplanung ändern mussten, fragten, ob sie mich in ihre Fürbitte hineinnehmen dürfen. Die Nachbarin kam vor ihrem Urlaub extra bei mir vorbei, um mir zu sagen, dass sie an mich denken wird.

Ich habe ganz vergessen, wie gut es tut. Ich habe ganz vergessen, was es mit mir macht, wenn Menschen im Gebet und in Gedanken meinen Namen und meine Situation Gott hinhalten. Meine Angst wurde weniger. Als ob ich mich durch die Rückmeldungen in einer Wolke befinden würde, die mich trägt, umhüllt, hält und zärtlich berührt. Es tut gut.

Ich bin sicher, es wird alles gut sein. Weil der Arzt in der Klinik ein Profi ist. Aber auch, weil Menschen beten, weil Gott mich trägt und seine Engel dem Arzt und seinem Team beistehen werden.  #dankbar

Kommentare

  1. Auch ich werde an Dich denken und ein (jüdisches) Gebet für diesen Tag wird auch nicht schaden.

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  2. Liebe Magdalena smetana danke für den starken, authentischen Text. Gerne werde ich in den nächsten Tagen für die anstehende op am 9.8. beten. Ich freue mich darauf bis wir uns einmal persönlich kennenlernen. Herzliche Grüße

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