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2024: Ein Jahr zwischen Abschied und Aufbruch

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Für mich und auch für diejenigen, die es interessiert, habe ich einen Rückblick auf das Jahr 2024 gemacht. Es war so ein dichtes Jahr, dass ich meine Fotos zur Hilfe nehmen musste, um überhaupt rekapitulieren zu können, was ich alles gemacht, gefühlt und gedacht habe.  Ich wurde von einer Freundin gefragt, warum ich es "Ein Jahr der Herausforderung und Abschieds" genannt habe. Nun, es gab viele Abschiede: meine Mama, die elterliche Wohnung, die Kinder sind aus dem Haus und auch ein weiteres Jahr meines Lebens. Trotzdem blicke ich in großer Dankbarkeit zurück und schaue mit Hoffnung und auch ein bisschen Sorge auf das kommende Jahr 2025. Wie wird es politisch und gesellschaftlich weiter gehen? Werden wir gesund bleiben und genug Kraft haben, um alle Aufgaben zu bewältigen? Ich lege das Jahr in Gottes Hand.  2024 startete mit großer Hoffnung, dass er besser wird als das letzte, in dem ich meine Tochter aus dem Kriegsgebiet (Israel) zurückholen musste , anschließend 6 Wochen am ...

Advent auf Kuba - Hoffnung im Dunkel

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„Stellen Sie sich vor, es ist Advent und niemand bemerkt es. Sie laufen durch die nächtlichen Straßen… es ist dunkel… keine Lichterbögen und keine Weihnachtspyramiden erhellen die Fenster. Nirgends erfüllt der Duft von frisch gebackenen Plätzchen die Wohnzimmer. Eine traurige Szenerie? Ich finde es sogar eine albtraumhafte Szene“, schreibt Pfarrer Nikolai Opifanti in seiner Kolumne im Evangelischen Gemeindeblatt zum 1. Advent.  Eine solche Szene ist auf Kuba bittere Realität – nicht nur in der Adventszeit. Stromausfälle gehören zum Alltag, Lebensmittel und Treibstoff sind knapp, und ein festlicher Advent scheint in weiter Ferne. Doch wie predigt man in einer solchen Zeit von Licht und Hoffnung? Wie lässt sich ein Glaube an einen liebenden Gott vermitteln, wenn das Licht am Ende des Tunnels fehlt?  Diese Fragen habe ich den Menschen auf Kuba gestellt. Ihre Antworten sind Geschichten von Resilienz, Kreativität und dem Glauben, dass Nichtstun keine Option ist. Ein Kindergarten au...

35 years ago

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Das Leben in der Tschechoslowakei vor 1989 war ein Leben ohne Freiheit. Wir konnten nicht frei sprechen, reisen oder glauben, woran wir wollten. Presse und Medien wurden kontrolliert, Worte zensiert, und „falsche“ Meinungen führten zu Verhören, Arbeitsplatzverlust oder Problemen für die Kinder in der Schule, ja, bei manchen sogar zur Inhaftierung. Bewegungsfreiheit? Nur mit Genehmigung. Religion? Geduldet, aber unter ständiger Beobachtung. Als Pfarrerskinder spürten wir das bei jedem Schritt. Das Telefon wurde abgehört, Besucher wurden überwacht, unser Vater wurde immer wieder aus dem Nichts zum Verhör abgeholt. Es gab Schikanen, Hindernisse bei der Schulauswahl und sehr viel Willkür. Wir wussten, dass über uns mehr bekannt war, als uns lieb war. Absurderweise schrieb mir gestern meine Cousine und wollte mir Informationen über Menschen geben, die unsere Eltern und unsere Familie bespitzelt hatten. Ich habe dankend abgelehnt. „Was bringt mir das, wenn ich weiß, wer mein Vertrauen missbr...

Ich habe den Herrn allezeit vor Augen.

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„Es war schrecklich, wir hatten große Angst. Ich dachte, das ist mein letzter Tag. Ich werde sterben.“ Diese Worte stammen von Marie, einer jungen Frau, die mir im Sommer in Armenien von ihrer Flucht aus Bergkarabach erzählte. Es war ziemlich genau vor einem Jahr, als Aserbaidschan das Gebiet Bergkarabach angegriffen hatte und die dort lebenden Armenier innerhalb von wenigen Tagen zur Flucht gezwungen hat. 120.000 Menschen mussten ihre Heimat verlassen. Wir trafen eine Gruppe von Geflüchteten, die in Bergkarabach zur evangelischen Kirche gehörten und konnten mit einigen von ihnen sprechen. Unter anderem mit Marie, die weitererzählte. „Es gab Explosionen, die Häuser brannten, und wir wussten nicht, wie es weitergeht Es war ein großes Chaos. Und dann habe ich gebetet: „Du Gott wirst meine Seele nicht dem Tode lassen. Du tust mir kund den Weg zum Leben.“ Und ich spürte Gott ist bei mir.     Selbst jetzt, wenn ich ihnen von diesem Gespräch erzähle, bin ich tief berührt. Ein Ge...

Armenien - Zwischen Gastfreundschaft und Geschichte

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Ich habe zum ersten Mal in meinem Leben mit echten Menschen Russisch gesprochen. Neun Jahre lernte ich widerwillig die Sprache der „Besatzer“ und Russisch war auch eines der Abiturfächer. Ich habe bestanden. Aber (lieben) gelernt habe ich diese Sprache nicht. Bis zu dem Tag, an dem wir unsere Reise nach Armenien beschlossen. „Vielleicht hilft es uns unterwegs“, dachte ich mir und fing fleißig an, mit Duolingo zu lernen. Ich war über meine eigenen Fortschritte erstaunt und es zeigte sich, dass meine Russischkenntnisse nicht nur hilfreich waren, sondern sie öffneten uns viele Türen. Auch wenn ich nur die kyrillische Schrift lesen kann, aber nicht die armenische. Die armenische Schrift wurde im 5. Jahrhundert von Mesrop Mashtots entwickelt, um die armenische Sprache und Kultur zu bewahren. Auf Wunsch des Königs Vramshapuh schuf Mashtots ein eigenes Alphabet mit 36 Buchstaben. Das Matenadaran in Jerewan ist das berühmte Museum und Archiv für alte armenische Manuskripte und Schriften. Es wu...

Das geknickte Rohr und der glimmende Docht...

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  „Das geknickte Rohr wird er nicht zerbrechen, und den glimmenden Docht wird er nicht auslöschen.“  Dieser Vers aus Jesaja 42 – der aktuelle Wochenspruch – begleitet mich seit vielen Jahren.  Mehrere Gedanken gehen mir dabei durch den Kopf. Heute vor 56 Jahren (21. August 1968) marschierten die Soldaten des Warschauer Pakts in die Tschechoslowakei ein, und schlugen mit Waffen und Gewalt alle Hoffnungen auf eine demokratischere Zukunft nieder. Es brauchte weitere 20 Jahre, bis sich das Zerbrochene und Glimmende wieder erholen konnte. Gestern fand der Parteitag der Demokraten in den USA statt und man konnte viele hoffnungsvolle und motivierende Reden hören. Seit der Kandidatur von Kamala Harris stehen  Menschen   plötzlich wieder auf und schöpfen Hoffnung. Das Zerbrochene und Glimmende gewinnt wieder an Kraft. Auch ich war mal zerbrochen und ausgebrannt und dieses Wort und viele andere trugen mich durch schwere Zeiten und gaben mir Hoffnung. Doch ganz ...

Ich habe Manna gegessen

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Ich war sechs oder sieben Jahre alt. Das Pfarrhaus meines Großvaters auf dem Land war riesig. Und kalt. Es grenzte an den Friedhof mit einer hohen und bröckeligen Mauer und einer riesigen Kirche. Früher müssen da viele Menschen im Gottesdienst gewesen sein. Der Garten war der einzige gepflegte Ort. Weil meine Oma eine leidenschaftliche Gärtnerin war. Sie pflanzte Blumen und Erdbeeren an, züchtete Rosen aller Art und nannte sie nach Biblischen Frauen. Auch eine Magdalena gab es. Sie war pinkfarben und duftete schön. Auf dem Rasen blühten gelbe Löwensteinblüten, die wir für 10 Heller pro Kopf gesammelt haben. Oma machte Löwenzahnhonig. Über der Scheune hingen Äste des Kirchbaums. Vom Dach konnten wir sie direkt essen. Dort schlossen wir mit meiner kleinen Schwester einen Pakt fürs Leben. Er hielt ein paar Stunden. Wir badeten in einem Zuber und schliefen in Zimmern mit Spinnen. „Kinder, hier ist Manna gefallen“, weckte uns eines Morgens unser Großvater. Die Geschichte von den Israelite...